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Ab jetzt mit Hund.

Lange Funkstille im Blog. Der (vorgeschobene) Grund heißt Milou. Mein schokofarbener Schatten. Seit September stellt der kleine Hund mein Leben ganz schön auf den Kopf. Inzwischen ist er 7 Monate alt und wird langsam erwachsen. Seit einiger Zeit ist nur noch fast jeder Tag eine große Herausforderung für uns! Will sagen: Wir haben uns aufeinander eingegroovet und mein Leben normalisiert sich langsam insofern, als dass ich mir auch mal wieder Zeit für mich nehmen kann. Wichtig, oder? Aber ich muss schon sagen: So turbulent die Welpenzeit auch war und so groß die Umstellung auch jetzt noch ist - ein Leben ohne Pudel ist zwar möglich, aber sinnlos. Wie ich die erste Zeit so empfunden habe, könnte ihr im folgenden Text hautnah nachvollziehen.


Ein Pudel muss es sein.

Und das hab ich jetzt davon ...

Diese ruhigen Momente. In denen merke ich erst, wie müde ich bin. Wenn die Anspannung nachlässt, ich tief einatme und es wage, mich auf Zehenspitzen in die Küche zu schleichen, um mir einen Tee zu kochen. Und dabei dachte ich eigentlich, dass es wenige Dinge gibt, die mich aus der Ruhe bringen. Dass mich mittlerweile selten etwas nervös macht. Stress? Der wurde bisher weggeschlafen und gut. Bisher. Aber nun wohnst du ja hier. Seit vier Wochen um genau zu sein. 4,7 Kilo vollmilchschokoladenfarbene Plüschkraft vom Feinsten, mit Ahnentafel. Steinbeißer, Wadenzwicker, Neugiertatzer, Grasrupfer, Tennisballtotschüttler und Schlabberschweinchen. Und spätestens um 7 Uhr morgens „stehst du auf der Matte“ - hätte ich jetzt gern gesagt, denn oh ja, wie sehr würde ich mir wünschen, dass du mir einfach anzeigst, wenn du mal musst. Aber nein. Aller Anfang ist schwer und du machst dich, es wird.

 

Wenn ich da zurück denke …

Das erste Mal Auto fahren. Du als fiependes und zappelndes Bündel in meinem Arm und dein Herz klopfte nur Nuancen schneller als meines. Der seit Kindheit gewünschte Hund. Auf dem Weg in sein neues Zuhause, nämlich meins. Ab heute hieß es also: Mi casa es su casa. Aber so ganz glauben konnte ich es erst langsam, als ich dich zuhause auf dem Rasenstreifen im Hof absetzte. Laut Lehrbuch solltest du hier nach der langen Fahrt Pipi machen, ich würde dich dann loben und dann hättest du sicher ganz schnell raus, dass das der Ort für künftige Geschäfte ist. Alles ganz easy, oder? Na ja. Nicht so ganz. Schnell war mir klar: Die Theorie meiner fünf Pudelbücher, Welpenerziehungsratgeber und Co stieß bei meinem Tier an ihre Grenzen.

In Wahrheit gab es da nur die Praxis, sie bäumte sich vor mir auf und verlachte all meinen Glauben in die weisen Buchworte hämisch. Dazu kam: Mit Wissen und Plänen bis obenhin angefüllt, verwandelte sich mein Hirn zu Brei, sobald mich der Blick dieser braunen Augen traf. Was tun? Woher soll er denn wissen, dass er hier aufs Gras machen muss? Sobald wir wieder im Schutz der Wohnung waren, machte Milou erleichtert sein Geschäft ...

 

Die Faustregel: Der Welpe muss alle zwei Stunden vor die Tür, allerdings auch nach jedem Essen und wenn er geschlafen hat oder direkt nach dem Trinken und Spielen. Uff. Ich überlegte ernsthaft, ab sofort im Garten zu kampieren. Aber nein, stattdessen stärkte ich meine Kondition und Wadenmuskeln durch permanentes Treppensteigen mit Hund unterm Arm. Durch nächtliche Rucki-Zucki-Husch-Husch-Aktionen lernte ich, zwei Stockwerke im Dunkeln mit nur einem Schuh fast völlig fehlerfrei im Rekordtempo bis nach unten zu sausen. Das hätte ich mir vorher gar nicht zugetraut! Und dann? Nichts. Doch sobald wir das Treppenhaus wieder betraten: Pfütze. Häufchen. Unter Tränen sagte ich mir: Hey, das ist ein Fortschritt. Von der Wohnung ins Treppenhaus. Ein schwacher Trost für schwache Nerven.

 

Als es dann schließlich klappte, war ich mit meinen Kräften fast am Ende und als das erste Häufchen auf der Wiese landete, musste ich meinen völlig irre-kreischenden Lobgesang nicht mal spielen, wie das Welpenbuch geraten hatte. Ich feierte hart. Endlich, ein Wunder, Halleluja! Das formschönste Würstchen der Welt aus dem wolligen Po landete auf der richtigen Seite der Haustür!! Ich schwebte im siebten Himmel. Im Schlafanzug, bleich und kraftlos auf dem Hof in Connewitz, mit einem dümmlichen Grinsen auf den Lippen. Alles wird gut, dachte ich, alles wird gut.

 

Doch der Weg war lang und die zwei Wochen Urlaub gut gefüllt: Je mehr der Pudel aß – morgens Milchmahlzeit (Joghurt & Zwieback), mittags Trockenfutter gemixt mit wahlweise Gemüsereis oder Nudeln, nachmittags Dosenfutter und abends noch einen Snack – so der Futterplan der Züchterin – desto mehr verlor ich selbst an Gewicht. Woher sollte ich mir die Zeit nehmen zu essen? Wie einkaufen? An Kochen war nicht zu denken. Der Kleine folgte mir auf Schritt und Tritt, ständig musste ich potenzielle Gefahrenquellen aus dem Weg räumen, Sachen aus dem Mäulchen pulen und unbändigen Spieldrang bremsen: Milou rannte von Anfang an übermütig mit voller Power gegen Stuhl- und Tischbeine sowie Schranktüren. Bremsen wollte er nie.

Er jaulte, weil ich ihm, dem Knäuel zwischen meinen Füßen, so oft auf die Pfote stieg. Wenn ich aufs Klo musste, ins Bad, in die Küche und überhaupt immer, wenn ich mich mehr als 2 Meter entfernte, wurde gejammert. Puh. Und niemand will einen jammernden Welpen, glaubt mir. Sofort fühlte ich mich wie die fieseste Rabenmutter aller Zeiten.

 

Zugegeben: Ich kam öfter an den Punkt, an dem ich vor Verzweiflung heulte. So anstrengend hatte ich mir das nicht vorgestellt. 24 Stunden nur Hund. Und alles riecht nach Hundefutter in der Küche und Ammoniak aus dem Züchterstall. Diese Gerüche wurde ich nicht los, das schnürte mir den Magen zu. Und das Gefühl, man drehe sich im Kreis. Ganz zu schweigen vom Schlafentzug. Und mache ich das überhaupt alles richtig? Jetzt schläft er endlich. Aber atmet er noch? Hasst er mich jetzt, weil ich ständig „Aus“ rufe?

 

Und jetzt, vier Wochen später: Wenn eine Pfütze im Haus landet, bin ich selbst schuld. Wenn er mich beim Spielen zu doll zwickt, kneife ich zurück. Er macht Sitz und mausert sich zum Bürohund: Milou schläft (meistens) unter meinem Schreibtisch und lässt mich schnell den blödesten Kundenanruf vergessen, wenn er im Traum leise bellt. Alle lieben ihn! Das macht mich stolz, auch wenn ich mir manchmal wünsche, dass jemand sagt: „Der wird noch ruhiger“ oder „Wie schaffst du das eigentlich?“, statt dem obligatorischen „Ist der süüüüüß!“

 

Gassi gehen? Na ja, es ist noch immer eher ein „zu allen Seite springen, Galoppieren und dann hinfallen, sich wälzen, kratzen, die Leine anknurren“ als alles andere, aber inzwischen komme selbst ich mit Leuten ins Gespräch, die wir treffen. Milou begrüßt ALLE Menschen gleich und voller Hingabe. Kann man direkt wieder was lernen. Jedenfalls strahlt der miesepetrige Straßenkehrer, die grimmige Omi und jeder noch so unbeteiligt-cool schauende Teenager, wenn Milou wie ein Lamm daher springt und nach einem Tätscheln lechzt. Mit der rosa Zunge hechelt und dem hinteren Ende wedelt, für das der Name „Schwanz“ schon ganz schön hochgegriffen wäre. Anfangs entschuldigte ich mich dafür. Jetzt muss ich meistens auch grinsen. Spannend, wie er Herzen öffnet, so früh am morgen, auf dem Weg zur Arbeit. Früher brauchte ich eine Viertelstunde, jetzt etwa 45 Minuten. Ich kenne inzwischen auch alle Nachbarn und weiß, wer wann kommt und geht, weil ich so viel Zeit auf dem Hof verbringe. Inzwischen esse und dusche ich auch wieder. Erfolg! Und ich weiß, ihm kann nichts passieren. Ich bekomme das hin. Er mag mich. Und er hält schon was aus. Zuhause hab ich jetzt eine kleine Familie. Und wir alle drei haben ganz schön viel gelernt, in so kurzer Zeit. Mein Milou … da geht auf jeden Fall noch Einiges.